Spielleiter-Tipps #2 – Ein Abenteuer vorbereiten: Kaufabenteuer

Für mich eine der zeitintensivsten, aber auch interessantesten Aufgaben als Spielleiter – Ein Abenteuer vorbereiten. Dabei habe ich als Spielleiter grundlegend drei Optionen (oder zweieinhalb, je nachdem wie man das sehen möchte). Option 1: Ich habe ein gekauftes Abenteuer an der Hand. Option 2: Ich schreibe selbst eines. Option 3: Eine Mischung aus beidem. Aber eins nach dem Anderen.

Egal, was ich in dieser Hinsicht vorhabe – ich sollte es nicht als lästige Arbeit verstehen. Vielmehr beginne ich, das Spiel zu spielen, wann immer ich an meinem Abenteuer oder an NSC bastle. Deshalb suche ich mir ein Abenteuer, ein Thema oder ein Setting aus, an dem ich selbst eine Herausforderung sehe und an dem ich Freude habe, wenn ich mich damit auseinandersetze. Ich muss mit ganzem Herzen bei der Sache sein, das Abenteuer darf mich nicht mehr loslassen – umso besser kann ich dann am D-Day am Spieltisch die Atmosphäre und den Spannungsbogen inszenieren.

Ein gekauftes Abenteuer vorbereiten

Das erste, was man tun muss, ist – ganz klar – LESEN. Aufmerksam das ganze Abenteuer lesen, mit allen Hintergrundinformationen und Handouts. Zweitens – nochmal lesen. Aber jetzt ist schon etwas Struktur angesagt.

Beim zweiten Lesen habe ich meistens ein leeres Schmierblatt dabei, um mir zu allen wichtigen Informationen, die ich im Spiel eventuell schnell parat haben muss, Notizen zu machen. Ich würde davon abraten, direkt in die Bücher zu schreiben, da diese, wenn sie erstmal Out-Of-Print sind, eine immense Wertsteigerung erfahren, sofern sie gut erhalten sind (also frei von Notizen und in einwandfreiem Zustand).

Gleichzeitig gilt es, zu verstehen, warum in dem Abenteuer welches Ereignis wann geschehen soll. Hier kann es äußerst hilfreich sein, eine Time-Line von zeitlich festgelegten Ereignissen zu erstellen und zwischendrin Platz für eigene Notizen während des Spielabends zu lassen. Wenn es keine zeitlich festgelegten Ereignisse gibt, kann man sich eine solche Timeline sparen, aber vielleicht kann man sich stichwortartig, durch welche Aktionen der Spieler die Handlung vorangetrieben wird (und in welche Richtung). Sofern das durch den Verlag noch nicht geschehen ist, finde ich es auch praktisch, die Handlung in einzelne Kapitel oder Szenen zu unterteilen, um dem ganzen eine Struktur zu geben und für mich selbst Klarheit zu schaffen.

Dann mache ich mir zu jeder Szene Gedanken und Notizen zu folgenden Punkten:

  • Was ist das Ziel? Was müssen die Spieler unbedingt erreichen, um die Handlung voranzutreiben? Was kann ich tun und welche Hinweise kann ich ihnen geben, damit sie das auch schaffen? Gibt es alternative Wege, die im Buch nicht aufgezeigt sind?
  • Wer sind wichtige Nicht-Spieler-Charaktere? Warum sind sie wichtig? Wie stehen sie den Spielern gegenüber? Was sind ihre Motive? Haben sie markante Merkmale, mit denen ich sie kurz und knapp charakterisieren kann?
  • Welche Informationen brauchen die Spieler von mir? Was muss ich unbedingt erwähnen? Welche Informationen müssen sich die Spieler erarbeiten? Wo streue ich die Informationen aus?
  • Welche Handouts und Materialien brauche ich?
  • Wie ist die Stimmung der Szene? Wie kann ich diese meinen Spielern darstellen?
  • In welcher Umgebung spielt die Szene? Welche Bedeutung haben bestimmte Gegenstände und Gebäude?

Notizen mache ich dabei insbesondere zu NPCs und strategisch wichtigen Punkten in der Umgebung, ebenso wie wichtigen Gegenständen. Außerdem notiere ich mir bei der Erscheinung von Kreaturen, Zaubersprüchen, obskuren Büchern oder Artefakten immer die Seite und das Regel- oder Quellenbuch, wo ich sie im Zweifelsfall schnell finden kann. Dazu kommen noch kurze Querverweise zu Seiten, auf denen Regeln stehen, die ich noch nicht im Kopf habe, die aber eventuell zum Tragen kommen könnten. Oder aber ich suche mir die entsprechende Seite aus der Tabellensammlung im Spielleitersichtschirm.

Habe ich alle Informationen gesammelt, lese ich das Abenteuer erneut und überprüfe auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Dann streiche ich großzügig alles, was ich sowieso im Kopf habe und schreibe mir die Kerninformationen zum Spielleiten auf einer DIN-A4-Seite zusammen. Das hat einen ganz einfachen Grund: je freier ich erzählen kann und umso weniger ich ablesen muss, umso besser kann ich auf die Spieler reagieren und mich auf meine Erzählweise konzentrieren – und umso besser kann ich die Stimmung des Abenteuers transportieren. Einer der größten Fehler in der Vorbereitung ist, zu viel aufzuschreiben und am Ende gar nicht mehr zu wissen, wo man denn nun eigentlich welche Information findet. Schon so mancher Abend wurde durch endloses Blättern in Skripten, Regelwerken und Abenteuerbänden mehr oder weniger ruiniert. Tut euch den Gefallen und schreibt das Nötigste auf und für alles andere eine Quelle, wo ihr im Zweifelsfall die Information findet. Habe ich dagegen ein bisschen zu wenig aufgeschrieben, kann ich das immernoch durch Improvisieren ausgleichen. Immerhin habe ich mich lange und intensiv genug mit dem Abenteuer beschäftigt, um zu wissen, in welche Richtung es gehen soll. Und meistens entsteht durch Improvisation ein viel flüssigeres und facettenreicheres Spielen, als wenn der Spielleiter an seinen Regelwerken und Büchern festklebt – denn so kann er mit den Spielern interagieren und seine volle Mimik und Gestik einsetzen, die ansonsten nur auf das Buch gerichtet wäre.

Als nächstes kopiere ich alle Handouts in entsprechender Anzahl, bzw. lade sie mir von der offiziellen Website herunter. Bei den meisten Verlagen ist es üblich, dass solche Verbrauchsmaterialien zum kostenlosen Download angeboten werden, um die Bücher zu schonen.

Zu guter letzt überlege ich mir, welche Hinweise ich den Spielern bei der Charaktererstellung mitgeben kann. Dabei ist es wichtig, sich auf die wesentlichsten Informationen zu beschränken, um die Spieler nicht zu spoilern. Je nach Abenteuer haben die Spieler auch völlig freie Hand.

Sollten bereits Charaktere existieren, überlege ich mir, wo ich hier und da ein paar auf die Charaktere zugeschnittenen „Goodies“ einbaue. Wenn zum Beispiel einer meiner Charaktere passionierter Alkoholschmuggler in der Zeit der Prohibition ist (ja, wir sind wieder im Cthulhu 1920), kann ich an einer Stelle, an der meine Spieler möglichst schnell von einem Ort zum Anderen kommen wollen, eine Polizeikontrolle einbauen. Oder ich gebe dem Arzt der Runde zu denken, indem ich einen Toten mit äußerst merkwürdigen Verletzungen einbaue.

Außerdem brauche ich für die Charaktere einen Aufhänger, eine Art Haken, den ich ihnen hinwerfen kann, damit sie das Abenteuer überhaupt bestreiten wollen und eine Motivation haben, mehr herauszufinden. Warum sollte sich zum Beispiel ein FBI-Agent mit einem Text befassen, der in irgendeiner unleserlichen Sprache geschrieben steht (außer er vermutet, dass dieser Text irgendetwas mit den mysteriösen Todesfällen in letzter Zeit zu tun hatte)? Andersherum würde sich ein Kunstmaler wahrscheinlich nie der Suche nach einer entführten Geisel anschließen (es sei denn, der oder die Entführte steht ihm nahe). Ihr seht, es gibt hier viele Möglichkeiten, den unterschiedlichsten Charakteren einen Anreiz zu bieten. Und je heterogener die Gruppe, umso absurdere und interessantere, verzwicktere Situationen können im weiteren Verlauf des Abends entstehen.

Noch ein Hinweis zum Schluss: seid immer darauf gefasst, dass Spieler alles tun, außer das, was sie tun sollten. Versteift euch daher nicht zu sehr auf die Vorgaben durch Verlag und Autor, sondern seid mutig und macht euer eigenes Abenteuer daraus. Improvisiert und lasst eure Spieler auch unvorhergesehene Wege betreten und dennoch zum Ziel finden. Kennt eure Umgebung und eure NSC so gut, dass das für euch kein Problem darstellt.

Was denkt ihr dazu? Spielt ihr lieber Kaufabenteuer oder selbst Geschriebenes? Wie bereitet ihr euch vor? Habe ich hier totalen Stuss erzählt und ihr macht alles ganz anders? Erzählt’s mir! 🙂

2 Kommentare zu “Spielleiter-Tipps #2 – Ein Abenteuer vorbereiten: Kaufabenteuer

  1. Für mich hat beides seinen Reiz. Ich habe bisher Kaufabenteuer und sogar eine komplette gekaufte Kampagne geleitet und ich leite sehr oft selbst geschriebene Abenteuer. Was ich an den Kaufabenteuern sehr gut finde, sie geben einem neuen Input den man verarbeiten kann. Zum Beispiel die Grundlage für einen Auftrag, oder zufällige Wendungen innerhalb eines Abenteuers. Was ich ab und zu sehr gerne mal mache, ich bediene mich an den NSC’s die mit den Kaufabenteuern kommen. So habe ich einen Teil von interessanten Gegnern, Connections, Auftraggeber oder Personen aus Kaufabenteuern genutzt. Und auch schon manche Plotidee in meinen eigenen Abenteuern „verwurstet“. Es mag ja sogar Leute geben die Kaufabenteuer verurteiln, für mich sind sie aber eher Inspirationsquelle für einige meiner eigenen Sachen.

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    • Sehe ich ähnlich. Warum sollte man sich auch keine Inspiration einholen? Besonders wenn man schon viel mit einer Gruppe gespielt hat, gehen mir zumindest manchmal wirklich die Ideen aus. Und hinter Kaufabenteuern steckt ja letztendlich auch kreative Arbeit, sowohl von dem SL selbst als auch ganz offensichtlich von dem/den Autoren. Und wenn man so radikal gegen „gekaufte Ideen“ ist, dürfte man (meiner Meinung nach) in letzter Konsequenz auch die Regelwerke nicht kaufen, sondern müsste selbst eins schreiben. Nur am Rande. Letztendlich ist alles genau das, was man selbst daraus macht. Und wenn ich ehrlich bin, sind selbst gekaufte Abenteuer, die ich genau so verwenden wollte, wie sie gedacht waren, nie so verlaufen wie es geplant gewesen wäre 😀

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